Dojokun
In fünf Sätzen ist das gesamte pädagogische Ziel des Karate-Do zusammengefasst. Diese Sätze, deren Ursprung man nicht kennt, bilden als „Leitfaden für den Ort des Weges“ das ethische Rückgrat des Karateweges.
Alle fünf Sätze beginnen mit dem Begriff „erstens“, was deutlich machen will, dass alle fünf Sätze als gleich wichtig anzusehen sind.
Erstens: Nach der Vollendung der Persönlichkeit streben
Erstens: Den Weg der Wahrhaftigkeit bewahren
Erstens: Den Geist der Bemühung entfalten
Erstens: Den respektvollen Umgang hochschätzen
Erstens: Sich vor unbesonnenem Mut in Acht nehmen
Ad 1: Es geht um jenen Teil der Persönlichkeit, den wir durch beständiges Übung zum Guten hin entwickeln und entfalten können. Diese Entwicklung erfolgt sowohl im Ringen um Tugenden als auch im Kampf gegen Laster und Fehler.
Der erste Leitsatz handelt also nicht vom Schlagen oder Treten, nicht von der Selbstverteidigung, sondern vom Ringen um innere Reife.
Ad 2: Hier geht es um die Aufrichtigkeit, die wir von uns selbst und gegenüber anderen an den Tag legen. Es geht um unsere Authentizität (dazu gehört auch die schonungslose Ehrlichkeit gegenüber sich selbst). Diese Eigenschaft entstammt dem Ehrenkodex der Samurai, weshalb der Weg der Wahrhaftigkeit ein „ritterlicher Weg“ ist; er ist ein ehrenvoller Weg zu innerer Wahrheit und Reinheit.
Ad 3: Der „Geist des Strebens / der Bemühungen“ meint, die Fähigkeit höhere Werte und Ziele anzustreben. Die Maxime, die den Geist der Bemühung von uns fordert, findet sich genau in der Mitte der Dojokun, denn der „Geist der Bemühung“ bildet den eigentlichen Kern unseres Strebens nach Vollendung der Persönlichkeit; er ist das Zentrum des gesamten Karate-Do.
Ad 4: Es geht um die „Anstandsregeln“ gegenüber sich selbst und dem Nächsten (es geht um das „Rei“). In der Kampfkunst leiten wir aus dem „Rei“ ab, wie wir uns im Dojo verhalten und wie außerhalb. Darin eingeschlossen ist auch der eigene Umgang mit der Kampfkunst Karate – es geht um einen verantwortungsvollen, respektvollen Umgang damit.
Ad 5: Es geht um die Beherrschung aufbrausender Emotionen.
Den Fortschritt auf dem äußeren Weg des Karate können wir leicht erkennen; der Fortschritt auf dem inneren Weg ist nicht so offensichtlich.
Als Merksatz kann gelten: Was auf dem äußeren, technischen Weg des Karate die Kata ist, ist auf dem inneren, dem Herzensweg, die Dojokun.